In meinem ersten richtigen Job gab es eigentlich ständig Ärger. Ständig sagte jemand Nein zu mir und fast täglich musste ich neinsagen. Das war bei der Lokalzeitung, ich habe einige Orte im Landkreis meiner Heimat betreut.
Anfangs fand ich das schwer. Und bald habe ich etwas sehr Wertvolles gelernt: Ein Nein mag zu Unzufriedenheit führen, manchmal sogar zu einem lauten Knall.
Aber genau diese Situationen sind es, die eine gute Beziehung erschaffen können. Wenn es denn gelingt, nach dem Nein weiterzukommen. Und darum geht es im Whitepaper von heute: Wir müssen lernen, neinzusagen und damit unsere Beziehungen zu stärken. Das geht.
Neinsagen tut weh. Sagen wir Nein, dann aktivieren wir in unseren Gehirnen Areale, die mit Ängsten verknüpft sind:
Bin ich weiterhin ein Teil der Gemeinschaft?
Lässt man mich fallen?
Welche Konsequenzen hat das Nein?
Überwiegen am Ende die Konsequenzen die Gründe für mein Nein?
Bei manchen Menschen laufen diese Prozesse unbewusst ab, manche spüren sie sehr deutlich. Und das ist gut so! Täte sich gar nichts, dann wäre bei der Evolution etwas schiefgelaufen. Zugehörigkeit ist ein menschliches Grundbedürfnis – und Überlebensfaktor.
Das gilt früher in der Wildnis, ganz sicher in den Zeiten erster Siedlungen und im Mittelalter und ja, auch heute ist es noch wichtig. Wer zu anderen gehört, der hat eine soziale Absicherung gegen all die Dinge, die am professionellen Erwachsenenleben gruselig sind.
Wer Nein sagt, der grenzt sich damit ab und riskiert, andere zu enttäuschen. Das muss sich nicht gut anfühlen – für beide Seiten nicht.
Aber ein Nein ist eben noch mehr. Ein Nein ist auch eine Leitplanke für die zukünftige Beziehung: Du hast gefragt, ich habe Nein gesagt, wir haben es ausgehalten und dabei etwas übereinander gelernt.
Bei der Lokalzeitung führte das manchmal zu mitternächtlichen Klärungsgesprächen mit Verwaltungsleuten, manchmal auch zu bösen Briefen an den Verleger (es tut mir immer noch leid!). Im Alltag ist Neinsagen eine wertvolle Fähigkeit. Lasst uns üben. Ein starkes Nein ist auch eine Entscheidung für Freiheit.
Isabell
Das sind die Inhalte der heutigen Ausgabe
Weil Weihnachten ist, gibt’s heute noch einmal eine erweiterte Vorschau. Falls du noch kein Pro-Mitglied bist: Hier kannst du dich umschauen. Ich habe auch das Angebot von Anfang Dezember noch einmal für ein paar Tage aktiviert, um ein wenig für die Projektfinanzierung im neuen Jahr zu werben. Schau doch mal rein!
Für dich, für mich, für uns: Wie ein Nein deine Beziehungen stärkt (und wie nicht)
Wie sag’ ich’s per Mail? Ehrlich & dosiert. Die Streichliste
Absagen & Körpersprache: Wer sollte sich lieber setzen?
Ich nutzte die einzige Freiheit, die mir blieb: Die Freiheit, Nein zu sagen
Ich müsste, aber ich will nicht: Strategie-Ansätze für den Absage-Alltag
Vorschau: Wo willst du hin? Im Januar geht es um Ziele
Fokus? Richtungswechsel? Selbstbestimmung?
Willst du fokussierter arbeiten? Eine neue berufliche Richtung einschlagen? Endlich selbst über deinen Weg entscheiden? In dieser Woche waren die ersten Sessions meines neuen Coaching-Programmes und das waren unsere Kernthemen. Vielleicht geht es dir auch so?
Für das erste Quartal 2024 habe ich noch zwei freie Plätze. Schau mal rein:
Hier kannst du dich für ein Vorgespräch eintragen.
Und damit wünsche ich dir ein paar sehr schöne Feiertage. Ich liebe die Zeit zwischen den Jahren, die Ruhe, das leere Berlin, den Rhythmus, den es sonst nie gibt. Die Stadt klingt anders.
Den nächsten Feierabend gibt es in der zweiten Januar-Woche. Ich hole gleich meine Tochter aus der Kita ab und dann schmücken wir den Baum. Feierabend – für dieses Jahr.
Weißt du eigentlich, dass das Feierabend-Projekt bald ein Jahr alt wird? Verrückt. Weihnachten 2022 war es nur eine spontane Idee, die ich fünf Menschen unter die Nase gehalten habe. Jetzt seit ihr 1291. Wow.
Alles Liebe
Isabell
Für dich, für mich, für uns
Wie ein Nein deine Beziehungen stärkt (und wie nicht)
Ablehnung tut weh, so sagt man. Ablehnen tut allerdings auch weh. Und deshalb neigt der Mensch erst einmal zur Selbstverteidigung. Aber ein Nein muss keinen Konflikt begründen. Ein Nein kann sachlich sein, sogar liebevoll. Vor allem gestaltet es immer die Beziehung zweier Menschen zueinander. Ein Nein unter Freund:innen bedeutet:
Ich werde deinen Wunsch nicht erfüllen.
Ich fühle mich sicher genug, deinen Wunsch nicht zu erfüllen.
Das ist also eine gute Sache. Unter diesen Umständen stärkt das Nein euer Verhältnis für die Zukunft:
Die Absage ist klar formuliert.
Du trägst sie freundlich vor.
Du begründest aus deiner Perspektive.
Du bringst deine Wertschätzung für die andere Person zum Ausdruck.
Du bietest eine Perspektive für euer zukünftiges Verhältnis.
Klassisches Beispiel: Weihnachten. Von dir wird erwartet, dass du mit deiner Familie eine weite Strecke fährst, dafür auf eine Feier in deinem eigenen zu Hause verzichtest. Kaum bist du angekommen, eröffnet man dir, dass du dich und deine Kinder schick machen sollst – es geht in die Kirche, wo du auch die Nachbarn treffen wirst, die sind schon so gespannt auf dich und haben so – viele – Fragen.
Du hast keine Lust (vielleicht hast du Lust, aber in meinem Beispiel hast du keine). Tief atmen. Es ist eine Frage, kein Angriff. Eine elegante Lösung ist diese:
»Ich werde nicht mitkommen und wenn du möchtest, dass die Kinder sich schick machen, dann hilf ihnen dabei. Unser Reisetag war lang und ich würde dir empfehlen, die beiden selbst entscheiden zu lassen, ob sie überhaupt mitwollen. Ich bin k. o. und jetzt am glücklichsten, wenn ich erst einmal mein zu Hause genießen kann.
Wenn ihr wiederkommt, habe ich mich entspannt und den Tisch gedeckt und ihr erzählt mir bei einem Kaffee, was es Neues gibt.«
Das ist eine klare Absage, die aber auch die Freude darüber ausdrückt, Zeit mit der anderen Person zu verbringen. Sie bezieht sich ausschließlich auf eigene Bedürfnisse (und in diesem Fall auf die der Kinder).
Das funktioniert, weil durch die präzisen Worte kein Raum für Verhandlungen ist – aber auch niemand beleidigt sein kann. Du hast deine Position klargemacht. Kommt ein Aber, sagst du:
»Nein, wirklich nicht.«
Hier defensiv zu werden (»Wir sind gerade vier Stunden gefahren, ich kann nicht mehr!«) oder vorwurfsvoll (»Du kannst mich doch nicht ankündigen, ohne mich vorher zu fragen!«) hilft dir weder bei der Argumentation, noch dient es der Beziehung. Du hast also nichts erreicht. Tief atmen. Du musst gar nichts.
Wie sag’ ich’s per Mail?
Ehrlich & dosiert. Die Streichliste
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