Raus mit dir!
Bewegung, Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit: Was die Sportwissenschaft über Arbeit weiß
»An vielen Tagen frage ich mich, wie es ich zwischendurch auf die Toilette schaffen soll«, sagte mir neulich eine Bekannte. Ihr Job ist es, mit der Nase einem Bildschirm zu kleben, kluge Dinge in Besprechungen zu sagen und in Schichten ihren Job als Expertin ihres Felds zu machen.
Wir waren bei der re:publica, einer Konferenz zu Politik, Gesellschaft und Medien. Dort treffen sich einmal im Jahr Selbstständige wie ich, aber auch Künstler*innen, Betriebsräte und Angestellte von Start-up bis Großkonzern. Also: unterschiedliche Menschen in unterschiedlichen Lebens- und Arbeitssituationen.
Und ich staune in solchen Gesprächen sehr. Immerhin schreibe ich seit vielen Jahren über Arbeit und die Wissenschaft vom guten Leben. Denkpausen spielen dabei eine Rolle – und Bewegung. Bewegung hält unsere Gehirne fit und fröhlich.
Alle wissen es. Aber im Alltag ändert sich nichts. Was ist da nur los?
Spreche ich mit Menschen darüber, die in Unternehmen für die Angestellten verantwortlich sind, dann wissen die das alle. Ist ja keine Geheimwissenschaft. Führungskräfte wissen es. Mitarbeitende wissen es. Aber im Alltag ändert sich nichts. Was ist da nur los?
Wirklich viele Menschen werden dafür bezahlt, während festgelegter Zeiten an festgelegten Orten festzusitzen. Meist: vor Bildschirmen. Als Verbesserung gilt es, einen wackeligen Hocker anzuschaffen. Die sind teuer und sicherlich besser als ein Küchenstuhl. Doch ein Ersatz für fünf bis zehn Minuten Spaziergang sind sie nicht.
Auch ohne Bildschirme gilt für fast alle Menschen, dass sie ihre Arbeitszeit an einem Arbeitsort verbringen sollen. Dabei geht es um Verfügbarkeit, aber natürlich auch um Nachprüfbarkeit: Die Person ist da, ich kann sie sehen und sie sieht aus, als macht sie ihre Arbeit. Prima, weiter so.
Das ist eine schöne und lang erprobte Methode, das Geld der Firma zu verbrennen – ebenso wie die Gehirne der Mitarbeitenden.
Sehr große Konzerne ermutigen manchmal zu Laufgruppen in der Mittagspause, einige bieten auch Yoga an oder bezuschussen den Besuch im Sportstudio nach Feierabend. Eine Veränderung der Kultur ist das nicht.
Wollen wir besser leben und schlauer arbeiten, dann müssen wir eine Gesellschaft schaffen, in der es normal ist, an stressigen Tagen den Arbeitsplatz zu verlassen, den Körper zu bewegen und die Natur anzuschauen. Ansonsten könnten Unternehmen auch gleich die Raucherpausen fördern. Da waren die Menschen wenigstens noch kurz draußen.
Isabell
In dieser Ausgabe:
Argumente gegen Bewegung
Herz, Hirn, Muskeln, Widerstandskraft: So macht Bewegung uns stark für den Alltag
Rennen oder Stemmen? Beides. Und noch was drauf.
Eine Pille gegen Stress? Da reicht der Gang zur Apotheke
Bauchmuskeln im Büro? Unbedingt!
Alltag zu hart? Trag schwere Dinge
Was Menschen könnten, wenn sie nur würden. So fängst du (wieder) an
Vorschau: Liebevolle Disziplin. Ein neuer Blick auf ein unbeliebtes Konzept
Und damit herzlich willkommen zum bislang aufwendigsten Whitepaper. Keine Lust aufs Abo? In der kommenden Woche erscheint die nächste Gratis-Ausgabe. Neugierig? Hier geht's zum Angebot.
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