Konflikte sind Teil des Menschseins. Nicht alle wollen das wahrhaben, aber wir kommen von dieser Tatsache auch nicht weg. Selbst Konfliktscheue und People Pleaser geraten in Konflikte – oder lösen sie mit ihrem Verhalten sogar aus, weil andere sich frustriert fühlen.
Was machen wir also mit Konflikten? Ich würde sagen: Wir lernen Konfliktmanagement. In diesem Monat habe ich mit Erstaunen gelernt, dass viele Berliner Kinder im Alter von ungefähr elf Jahren ein Konflikttrainingsprogramm beginnen, bei dem sie lernen, wie Konflikte entstehen und was sie zu deren Beilegung tun können.
Von uns Erwachsenen haben das die wenigsten gelernt. Konflikte lernen bedeutete für uns, dass wir lernten, wie wir gewinnen. Oder wir gewöhnten uns an, Niederlagen selbstwertdienlich umzudeuten. Beides hilft unseren Beziehungen kein bisschen.
Streiten lernen ist nicht vorrangig eine Frage rhetorischer Tricks. Natürlich gibt es Methoden zur Entschärfung, zur Deeskalation und ja: auch zur Überzeugung. Aber wer Konfliktmanagement beherrschen will, der muss zunächst einmal verstehen, wie verschiedene Arten von Streit überhaupt entstehen.
Wie kommt es zur Gruppenbildung?
Warum fühlt es sich oft so richtig an, gegen jemanden zu sein?
Welchen Nutzen hat Streit?
Was möchte die andere Person und warum?
Warum möchte ich eigentlich, was ich möchte?
Was tun, wenn es knallt?
Diesen und anderen Fragen widmet sich dieses Whitepaper. Du erfährst, was die Psychologie über Konflikte weißt. Ich stelle verschiedene Arten von Konflikten vor. Und ich erläutere, wie wir alle zu besseren Konfliktmanager*innen werden können.
Streits sind ein Teil des Menschseins, weil sie eine logische Folge unserer Eigenschaften sind. Wahrnehmung, Informationsverarbeitung und Bewusstsein gehören zu den Prozessen, die uns menschlich machen.
Und diese Prozesse müssen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, weil wir eben alle unterschiedlich sind.
Diese Unterschiede wirken als Korrektiv. Nur wenn wir unterschiedliche Perspektiven aushalten, können wir mögliche Fehler unserer eigenen Sichtweise erkennen. Konflikte sind menschlich – sie lassen uns überleben. Lasst uns besser streiten.
Isabell
Die Inhalte des heutigen Whitepapers:
Die Eltern aller Konflikte
Warum Menschsein zum Streit führt
Wir gegen Die
Warum Gruppen sich immer im Recht fühlen
Warum eigentlich?
Wie du herausfindest, worum es gerade geht
Es kann nicht nur eine Geben
Wie du Bande schmiedest
Vorschau: Schöner durch den Sommer
Stress, Druck und dann auch noch Urlaub!
Dies ist ein Feierabend-Whitepaper. Darin stelle ich einmal im Monat gebündelt Erkenntnisse zu arbeitsrelevanten Themen vor. Es ist nur für Unterstützer*innen des Projekts sichtbar. In der Paywall findest du mehr Informationen.
1. Die Eltern aller Konflikte
Warum Menschsein zum Streit führt
Um zu verstehen, warum wir streiten, schauen wir zunächst in die Biologie und auf unser Umfeld. In der Psychologie sprechen wir von der »Anlage-Umwelt-Debatte« und natürlich wurde auch über dieses Thema trefflich gestritten. Konkret ging es um diese Frage:
Was ist maßgeblich dafür, wie sich ein Mensch entwickelt? Anlage oder Umwelt?
Heute wissen wir: Anlage und Umwelt stehen in Interaktion. Dieses fiktive Beispiel macht es deutlich. Anwenden lässt es sich auf jede menschliche Eigenschaft:
Katjas Gene machen eine hohe Intelligenz möglich. Katjas Eltern spielen viel mit ihr, ermöglichen ihr immer wieder neue Erfahrungen und reagieren wertschätzend auf Neugierde. Katja wird eine kluge Frau, die sich ständig weiterentwickelt.
Maritas Gene machen eine hohe Intelligenz ebenfalls möglich. Maritas Eltern spielen ungern, reagieren ängstlich auf Neues und finden Neugierde anstrengend. Marita empfindet Wissenschaft als bedrohlich und Rückfragen als Angriff.