Mach es allen recht – oder dir selbst
Du bist die gute Seele im Team? Lass das.
Wo du das hier gerade liest… könntest du mir einen kleinen Gefallen tun?
Sag Nein.
Wahrscheinlich kennst du mich gar nicht. Und außerdem hast du anderes zu tun, oder? Irgendwann Feierabend machen – nur so als Beispiel.
»People Pleaser werden oft als die gute Seele im Team beschrieben«, sagt die Psychologin Dr. Ulrike Bossmann. »Wer merkt, dass er oder sie:
ständig über eigene Grenzen geht, um anderen einen Gefallen zu tun,
nicht Nein sagt
und vor allem viel dafür tut,
die Harmonie aufrecht zu erhalten,
keine Angriffsfläche für Kritik zu bieten und
potenziellen Konflikten vorzubeugen,
ist ziemlich sicher ein People Pleaser.« Über dieses Phänomen hat Ulrike ihr neues Buch geschrieben: »People Pleasing. Raus aus der Harmoniefalle und weg mit dem schlechten Gewissen« (Beltz).
People Pleasing hat Auswirkungen auf den Berufsalltag. Ulrike beschreibt ein klassisches Beispiel:
»In einem Meeting sagt jemand etwas fachlich Falsches oder ist man anderer Meinung. Um die Person nicht bloßzustellen oder keinen Unmut zu riskieren, hält man die eigene Ansicht zurück.«
Das ist zwar nett gemeint – schadet aber dem ganzen Team und dem Ergebnis. Auch zwischenmenschlich bauen sich bald Probleme auf:
»Das könnte auch im kollegialen Kontakt sein, zum Beispiel wenn ein Kollege mit Rest-Erkältung am Arbeitsplatz aufläuft und man das eigentlich nicht gut findet. Oder man hört sich den Seelenmüll einer Kollegin an, der einen eigentlich nicht interessiert.«
Das Perfide an diesen Situationen: Es sind die People Pleaser, die dann ein schlechtes Gewissen haben. Es entsteht Frust. Ulrike sagt: »Sie fühlen sich ausgenutzt, nicht anerkannt und empfinden die anderen als undankbar, unverschämt oder unsensibel.«
Das kannst du ändern
Ulrike sagt:
»Bewusstheit ist der erste Schritt raus. Ich frage meine Klient:innen, in welchen Situationen oder gegenüber welchen Menschen sie ganz genau zum People Pleasing neigen und wie sie sich in den Momenten verhalten (würden), wenn sie keine People Pleaser mehr wären.«
Für den Alltag hat Ulrike folgende Tipps:
Verschaffe dir Zeit. Du musst nicht auf alles sofort reagieren.
Reduziere Sicherheitsverhalten. Wenn du dir Feedback wünscht, frag nicht alle Beteiligten. Frage eine Person, dessen Urteil für dich zählt.
Bring deine Meinung zum Ausdruck. Du wirst gefragt, wo du essen möchtest? Antworte ruhig ehrlich.
Du musst nicht ins Extrem
People Pleaser haben Angst, andere vor den Kopf zu stoßen. Aber das müssen sie nicht. Ulrike:
»People Pleasing hinter sich lassen heißt nicht Abgrenzung um jeden Preis und immer nur nein sagen oder die eigene Meinung durchdrücken.
Das People Pleasing hinter sich lassen bedeutet, wirklich frei zu sein in der Wahl und bewusst zu entscheiden: Mal helfe ich, mal sage ich nein. Mal halte ich meine Kritik bewusst zurück, an anderer Stelle bringe ich sie klar ein.«
Ich habe Ulrike außerdem gefragt, wie ich mit Widerständen umgehen kann. Aber Widerstände sind oft gar keine, sagte sie mir. Sie sind nur Ausdruck dessen, dass der anderen Person ihr Anliegen wichtig ist. Das ist legitim – verpflichtet dich aber nicht, einzuspringen.
Ich liebe diese Antwort:
»Ich kann verstehen, dass das gerade ein Problem ist. Und ich bin gerade nicht die leichte Lösung dafür.«
Ulrike Bossmanns Buch ist voll mit klugen Strategien für Menschen, die es endlich mal sich selbst recht machen wollen. So stärken wir unsere Beziehungen – und uns selbst. Es ist das Richtige für dich, wenn du bereit bist, dich für dich einzusetzen.
Und ja, das ist Arbeit. Aber sie lohnt sich. | Leseprobe bei Beltz (pdf)
Und natürlich verschenke ich zwei Exemplare an Mitglieder. Schreib mir bis zum 14. September (einschließlich) eine Mail, wie immer reicht ein »Hier, ich«.